Ist das Seeschloss nun verloren?

Nachlese zum Stadtentwicklungsausschuss vom 13. Juli 2023

Abgestimmt werden sollte über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Bauprojekt auf dem Grundstück “Seeschloss” Leonhard-Boldt-Straße. Der Investor möchte mehr Stockwerke bauen, als der bisherige Bebauungsplan zulässt. Das Seeschloss hat im historischen Zustand drei Stockwerke. Stephan Langer vom Bündnis Eutin brachte den Antrag ein, den Anteil des Grundstückes, auf dem das historische Gebäude steht, aus der Bebauungsplanänderung auszunehmen. Einer modernen hinteren Bebauung ist hingegen nichts entgegenzuhalten. Stephan Langer hielt nochmals (wie auch schon vor der Dorfschaft Fissau im Mai) eine Rede für den Erhalt der historischen Bausubstanz. Der Antrag vom Bündnis Eutin wurde mit 10 Gegenstimmen zu 1 abgelehnt.
Ein Vertreter der Fissauer Dorfschaft meldete sich ebenfalls zu Wort. Er bestätigte nochmal das Votum der Fissauer Dorfschaft für den Abriss und den Neubau eines Apartementhauses im Stil des Seeschlosses. Danach sprach er aber nochmals deutliche Worte von seinem Bedauern über die Abrisspläne und davon, dass ursprünglich die Mehrheit der Fissauer “ihr Seeschloss” erhalten wollten. So hatten sich bei der Versammlung in der Sieverthalle 2021 eine Mehrheit für den Erhalt ausgesprochen. Zuletzt ging man jedoch in der Fissauer Dorfschaft davon aus, dass eine Sanierung des Objektes nicht möglich sei und habe deshalb schweren Herzens den Investorenplänen zugestimmt.

Kein Denkmalschutz wurde erteilt,

Weil frühere Besitzer an der linken Hausfassade Balkone und Stuck entfernt hatten. Wären diese Merkmale noch erhalten geblieben, so hätte das Gebäude Denkmalschutz erhalten können. Wir sind der Meinung, dass im Rahmen einer durchaus machbaren Sanierung der frühere Zustand durchaus wiederhergestellt werden könnte.
Foto: 24.07.2023, Langer

Leserbrief von Stephan Langer an den OHA vom 23.05.2023 im Nachgang der Dorfschaftsversammlung in Fissau

Seeschloß- Dämmerung

Das alte Seeschloß am Kellersee ist ein Zeitzeugnis des frühen Tourismus in der Holsteinischen Schweiz und architektonisch ein Musterbeispiel der klassischen Hotel-Bäderarchitektur der Jahrhundertwende. Mit prägnantem Mittelrisalit, abgestuften Seitenbauten und Runderkern an den Gebäudeecken und seiner gut erhaltenen historistischen Stuckfassade eben ein Schlossbau par excellence. Erbaut 1906 als Grand Hotel Schwentinetal, hat es herrschaftliche Deckenhöhen, dafür aber nach heutigen Maßstäben nur relativ wenige Zimmer, so dass ein Betrieb als Hotel aus heutiger Sicht wohl manchem unwirtschaftlich erscheinen mag.

Obwohl die obere Denkmalschutzbehörde des Landes die Tourismus-geschichtliche Relevanz anerkannt und zudem schriftlich bestätigt hat, dass das Gebäude erhaltenswert sei, wurde dem Gebäude der Status „geschütztes Kulturdenkmal“ versagt. Laut Denkmalpflege sei das Gebäude dafür zu stark verändert worden. Aber hat sich überhaupt jemand die Mühe gemacht und die nachträglich gebauten, abgehängten Decken einmal geöffnet und nachgeschaut, was sich dahinter noch an Kulturschätzen verbirgt?

Wenn man bedenkt, dass die Dorfversammlung Fissau nun votiert hat, ein neues Gebäude im alten Stile zu errichten, wäre es wohl ein Leichtes gewesen, das Gebäude im Rahmen einer Sanierung auch optisch wieder in den Originalzustand zu versetzen. Aus städtebaulicher und Architektur-sachkundiger Sicht ist es immer besser, Altes zu bewahren, als neue „Potemkin’sche Dörfer“ zu errichten. Und wenn man mal ehrlich ist, eine Kopie kann nie an das Original einer über 100jährigen Baukultur heran reichen. Schon vielerorts hat man solche Fehlentscheidungen nach dem unwiederbringlichen Verschwinden dieser Zeugnisse aus vergangener Zeit bitter bereut. Und ob nach dem schnellen Abbruch in diesen bauwirtschaftlich schwierigen Zeiten wirklich zügig ein Neubau kommt und die Lücke schließt oder eine jahrelange Brache droht, steht auch in den Sternen – aber der Reihe nach:

Bei der am vergangenen Dienstag abgehaltenen Versammlung in Fissau waren ca. 50 Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreter aller politischen Parteien den Ausführungen des Investors Klaus Waldeck und seines Architektenteams gefolgt.

Zunächst wurde wieder der bereits 2021 bei der letzten Versammlung in der Sievert-Halle auf große Ablehnung gestoßene 1. Entwurf präsentiert – 5 moderne, verglaste Stadtvillen anstelle des Seeschlosses – für alle Zuhörer merklich die Favoritenlösung der vortragenden Architekten. Viele Zuhörer hatten damals das Wort ergriffen und kritische Fragen zum Entwurf gestellt, doch dieses Mal ging man von Investorenseite taktisch klüger vor. Nach wiederholter Konfrontation mit dem erstgenannten, ungeliebten Entwurf wurde jetzt die neue Alternative vorgestellt: Der Neubau eines 3-4 geschossigen Apartmenthauses in historisierender Manier und an die Form des Seeschlosses angelehnt, dazu 2 weitere mehrgeschossige Gebäude im hinteren Grundstücksbereich. Also im Gesamten weniger modern, dafür aber mehr vertraut beschaulich anheimelnd. Hauptsache die Glaskisten sind endlich vom Tisch!

Investor Waldeck stellte klar, daß eine Sanierung des Altbaus für ihn unwirtschaftlich sei und nicht in sein Konzept passe. Brandschutz, Schallschutz – in Holz alles viel zu teuer und energetisch überhaupt nicht auf den Stand der Zeit zu bringen. Unglaublich, dass in derselben Stadt derzeit ganze Schulen in Holzbauweise neu gedacht werden.

Monotone Ferien- und Apartmenthäuser tragen nun wahrlich nicht zur Belebung unserer Städte bei, das sollte auch der Politik inzwischen klar geworden sein. Aber die Angst vor Stagnation, Leerstand und einer ungewissen Zukunft des ehrwürdigen Gebäudes war wohl bei den meisten Anwesenden größer. Einzig und allein die FWE (Freie Wählergemeinschaft Eutin) machte sich für den Erhalt des Gebäudes stark, doch das Plädoyer blieb weitgehend ungehört. Mit 23 zu 5 Stimmen bei einigen wenigen Enthaltungen, sprach sich schlussendlich eine Mehrheit für den Abbruch und die Umsetzung des neuen Entwurfs von Waldeck und seinem Planungsteam aus.

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